Mittwoch, 30. Juli 2008

Andrew Mwangura - Zwischenhändler in Somalia

Gut einem Monat ist es her, dass somalische Geiselnehmer ein deutsches Ehepaar von dessen Yacht entführten. Nahezu unbemerkt laufen die Verhandlungen über ihre Freilassung. Im Zentrum: der Kenianer Andrew Mwangura. Er rät der Bundesregierung, sich nicht einzumischen.

Andrew Mwangura ist anders als man ihn erwartet. Ein zurückhaltender Mann mit leiser Stimme. Doch der Vorsitzende des Seefahrer-Hilfsprogramms in Ostafrika hält viele Fäden in der Hand. Er ist meist der erste, der davon erfährt, wenn wieder ein Boot vor der Küste Somalias überfallen wurde. Die Piraten selbst wenden sich direkt an ihn - und Mwangura leitet die Informationen weiter: ''Wir rufen Familienmitglieder an und auch die diplomatischen Vertretungen - sofern es welche gibt. Wir nehmen Kontakt zu den zuständigen Stellen in Deutschland oder der Ukraine auf - wo auch immer auf der Welt.''

Basis der Arbeit ist ein kleines Büro in der kenianischen Hafenstadt Mombasa. Ein paar Telefone und ein Radio - mehr brauchen Mwangura und seine Mitarbeiter für ihre Arbeit nicht. Im Moment beschäftigt sie vor allem der Fall der vor Somalia verschleppten Deutschen. Der 63-jährige Mann und die 51-jährige Frau waren vor gut einem Monat von ihrer Yacht entführt worden und werden jetzt in einer abgelegenen Bergregion gefangen gehalten. Mwangura bestätigt Berichte, dass es beiden inzwischen sehr schlecht geht: ''Er hat Diabetes und kann nicht mit Insulin versorgt werden. Und die Frau hat Gewicht verloren. Sie müssen auf dem Boden schlafen und bekommen nicht genug zu essen.''

Hoffnung auf ein schnelles Ende der Geiselnahme kann Mwangura nicht machen. Im Gegenteil. Nach seiner Einschätzung kann es noch Wochen, wenn nicht sogar Monate dauern, bis die Deutschen freikommen. Denn am Geschäft mit den Geiseln wollen gleich mehrere Seiten mitverdienen. ''Es ist sehr kompliziert, denn hier sind zwei Regionen beteiligt. Puntland und Somaliland. Beide erheben Anspruch darauf, dass sich die deutsche Yacht jetzt auf ihrer Seite befindet. Und beide wollen über ein Lösegeld verhandeln.''

Inzwischen soll es um rund 2,5 Millionen Dollar gehen. Geld, von dem vermutlich wieder Waffen gekauft werden. Denn die Auftraggeber der Geiselnehmer sind mächtige Warlords, mit Verbindungen in höchste Regierungskreise in Somalia. Die Männer hinter den Piraten sind große Haie, die überall ihre Finger drin haben. Sehr reiche Männer.'' Für die Geiselnehmer selbst geht es dagegen oft nur um ein paar hundert Dollar. In Somalia hat kaum jemand genug zum Leben. Im Land herrscht seit 17 Jahren Bürgerkrieg. Gewalt gehört hier zum Alltag. ''Manche der Piraten erzählen mir: Ich bin 25, 30 Jahre alt, ich bin nie zur Schule gegangen. Und ich habe eine Waffe. Was kann ich mit dieser Waffe tun? Sie haben meine Mutter getötet, meine Schwester vor meinen Augen vergewaltigt. Ich will hier raus.''

Mwangura wird jetzt aufbrechen, um sich direkt in die Verhandlungen einzuschalten - wie er es auch schon in anderen Fällen getan hat. In den nächsten Tagen will er in der Bergregion zwischen Somaliland und Puntland eintreffen. Und er ist der festen Überzeugung, dass er mehr erreichen kann, als die deutschen Behörden bisher geschafft haben. ''Die deutsche Regierung sollte sich aus diesem Fall ganz heraushalten. Hier muss man die Sache langsam angehen und im Hintergrund die Fäden ziehen.''

Und genau das ist seine Stärke. Mwangura kennt sie alle: Die Piraten und die Männer im Hintergrund. Er ist DER Vermittler. Um sein eigenes Leben hat er dabei keine Angst. Er fürchte sich vor nichts, meint er. In dieser Welt gebe es für Andrew Mwangura keine Feinde. (SWR)

Keine Kommentare: