Freitag, 1. August 2008

Seeräuberei aus Sicht der Versicherungen

Der weltweite Gesamtschaden der internationalen Piraterie wird auf rund 13 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. "Früher ging es darum, Waren zu rauben oder ganze Schiffe zu kapern, die dann unter einem anderen Namen verkauft wurden", erklärt Klaus Schmidtke, Sprecher des Rückversicherers Münchener Rück. Jetzt verschiebt sich das Betätigungsfeld der Nachfahren von Captain Hook in Richtung Kidnapping. Vor allem vor Somalia und vor Nigeria steigt die Zahl der Entführungen und Lösegeldforderungen an.

Laut Münchener Rück sind neben den Kidnap & Ramson-Policen (Entführungspolicen) noch eine Reihe von anderen Versicherungssparten betroffen, wenn es um Piraterie auf den Weltmeeren geht. Es handelt sich in erster Linie um die Warentransportversicherung und die P&I-Versicherung (Protection-and-Indemnity-Versicherung).

Bei der Warentransportversicherung geht es um Verlust durch Raub oder Beschädigung der versicherten Ware, etwa durch Kampfhandlungen während eines Überfalls oder durch unsachgemäße Behandlung beim illegalen Umladen oder Lagern. Die P&I-Versicherung ist eine Haftungsversicherung und leistet Zahlungen bei legitimen Forderungen Dritter. Zwar stellen die meisten Gesetze und Seerechtskonventionen den Reeder bei Haftpflichtansprüchen frei. Unter Umständen kann sich der Reeder aber nicht gänzlich entlasten, etwa wenn ihm ein Mitverschulden an der Piraterie angelastet wird. Hinzu kommt die in der P&I-Deckung ebenfalls enthaltene zusätzliche Arbeiterunfallversicherung. Sie greift zum Beispiel, wenn ein Besatzungsmitglied bei einem Piratenangriff verletzt oder getötet wird.

Die Lösegeldversicherung wiederum erstattet das gezahlte Lösegeld bis zur Höhe der versicherten Summe. Diese Versicherung wird meist für Großindustrielle oder für die Topmanager großer Wirtschaftsunternehmen abgeschlossen. Nur ganz wenige Unternehmen bieten überhaupt Kidnapping-Versicherungen an, es handelt immer sich um Einzelverträge. Bei jeder Polizze muss geprüft werden, wer die versicherte Person ist und in welcher Region sie sich aufhält. "Die Versicherung schaut sich immer den Einzelfall und die Risiko-Situation an", so Katja Kamphans, Sprecherin der deutschen Tochter Marsh des internationalen Maklers Marsh & McLennan.

Langfristiger als Lösegeldversicherungen wird sich wohl die verbesserte Technik der Schiffe auswirken. "Wir fordern, dass die Schiffe technisch besser ausgerüstet werden, etwa mit dem Alarm- und Tracking-System Ship-Loc", betont Ralf Zibell, Risikoberater bei der deutschen Allianz-Versicherung. Durch das System können die Schiffe weltweit über Satelliten geortet werden. "Zusätzlich müssen die Mannschaften besser vorbereitet sein. Die Verantwortlichen sollten Notfallpläne erstellen und diese auch üben", verlangt der Experte. (Wiener Zeitung)

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