Montag, 4. August 2008

Jagd nach Meerwert

Alarm im Hafen! Die Vereinten Nationen sitzen in Südafrika auf 80 000 Tonnen Lebensmittel für Somalia, weil am Horn von Afrika kein Reeder mehr fahren will. SOS-Rufe: Wer sorgt für Eskorten? Es grassiert die Furcht vor Piraten. Welches Jahrhundert kehrt da zurück?

Es gibt keinen Kolumbus mehr, nur noch Traumschiffe. Ausfahrten und Aufbrüche beginnen gar nicht erst, weil ihr Ende absehbar ist: An neuen Ufern strandet man genauso wie an denen, die man zu verlassen gedächte. Aber ausgerechnet am Ende aller Abenteuer steigt einer der zwielichtigsten Helden wie ein Zombie aus der Tiefe: der Seeräuber. Romantisch aber ist die Sache nicht: Die Zahl tödlicher Überfälle auf die Hochsee-Schifffahrt wuchs im vergangenen Jahr auf Rekordhöhe: 277. Vor allem rund um Indonesien. Böse Beute-Kunst: Brutale Jagd nach Meerwert.

Balance der Globalisierung: einerseits hoch technisierte Vernetzung und Transparenz, die jede Entfernung und Geografie inzwischen perfekt ausschalten, andererseits bleibt die grobe Mechanik altertümlicher Wegelagerei. Man muss sich alte Zeiten nicht zurückwünschen, sie sind nie vergangen. Und in wechselnden modernen Zeiten muss nicht gefürchtet werden um die Kraft von Traditionen – diese Kraft zeigt sich immer wieder am deutlichsten in der langlebigen Kultur des Verbrechens. (Neues Deutschland)

Keine Kommentare: