Sonntag, 7. September 2008

Gibt es überhaupt Schutz gegen Piratenüberfälle?

Auszug aus dem Wochenbericht des International Maritime Bureau (IMB), für die vergangene Woche: „16.4., 6.00 bis 10.00 Uhr Ortszeit, 14:24 Nord; 050:30 Ost. Fünf Schnellboote jagen einen Massengutfrachter. Der Kapitän lässt Ausweichmanöver fahren, erhöht die Geschwindigkeit, die Mannschaft begibt sich auf Alarmposten. Nach 30 Minuten geben die Schnellboote auf, und nehmen Kurs auf ihr Mutterschiff, das in 10 Meilen Entfernung gewartet hatte.“ Noch mal gut gegangen, obwohl die Piraten mit einer regelrechten Flotte aufgekreuzt waren, offenbar straff organisiert.

Insgesamt acht angezeigte Vorfälle solcher Art nennt der IMB-Bericht für die vergangenen Woche aus der ganzen Welt, versuchte Attacken, vollzogene Überfälle. Insgesamt nur ein verletzter Matrose, die gute Nachricht. Schnellfeuergewehre, Raketen, aber auch Macheten und Messer wie zu Zeiten des berühmten Blackbeard – das Arsenal der Piraten ist vielfältig.
Neuen Alarm gibt das IMB aus: für die Gegend um Chittagong in Bangladesh sowie für die gesamte nigerianische Küste vor Westafrika. Darüber hinaus gilt weiter der Alarm: für Indonesien, vor allem rund um Borneo, die Malakkastraße, den philippinische Archipel, die Umgebung von Singapur, die Küste bei Daressalam, Mombasa, in Südamerika die Gegend um Santos, Brasilien, für die Westküste vor dem peruanischen Callao, die gesamte arabische See zwischen Indien und Oman – und natürlich für den kompletten somalischen Küstenbereich. Gibt es noch sichere Schifffahrtsrouten?

Fast könnte man den Eindruck gewinnen, die – guten? – alten Zeiten kehrten zurück, als Francis Drake, Henry Morgan oder William Kidd die atlantischen Gewässer unsicher machten – in Wahrheit allerdings waren sie nie zu Ende. Im Durchschnitt ist die Anzahl der Attacken auf hoher See oder im Hafenbereich in letzter Zeit sogar ein wenig zurück gegangen, von 274 im Jahre 2005 auf 263 im vergangenen Jahr (nachdem in den 90er Jahren ein starker Anstieg zu verzeichnen war). Was freilich noch nicht als Trend gelten kann, denn die Dunkelziffer der Piraterie ist groß, viele Kapitäne scheuen die Meldung. Kommt es zur Anzeige, dauert der Aufenthalt im Hafen nicht einen, sondern oftmals gleich vier, fünf Tage, was bei hohen fünfstelligen Liegegebühren pro Tag viel höher zu Buche schlägt als der eingetretene Schaden – der so oder so abgeschrieben werden muss.

Piraterie lebte jedenfalls, über all die Jahrhunderte. Eines allerdings ist anders: Die derzeitige Piraterie hat heute größere Imageprobleme als die großen Namen von früher, Anne Bonny – sie als Frau sowieso – bis Claus Störtebeker. Wobei man sich schon fragen darf, warum die Schurken von damals heute als Helden aufgebaut wurden, in Buch und Film, wie dem „Fluch der Karibik“. Nehmen wir das 17. Jahrhundert. Der Dreißigjährige Krieg gilt als eine der schwärzesten Epochen der europäischen Geschichte. Mordende Horden ziehen übers Land, ohne den geringsten Respekt vor dem Leben, Familien, ganze Dörfer werden ausgelöscht. Und zur selben Zeit auf See? Dort marodierten die Piraten in kaum freundlicherer Art, doch gerade das 17. Jahrhundert gilt heute als „Das Goldene Jahrhundert der Piraterie“, wegen Typen wie „Blackbeard“ alias Edward Teach, Henry Morgan oder William Kidd. Hier und da mögen sie auch mal ritterliche Anwandlungen bei ihrer Arbeit beschlichen haben, und Francis Drake – etwas früher – hatte sogar einen Kaperbriefes ihrer Majestät. Doch im Durchschnitt waren die unzähligen Freibeuter-Flotten nicht menschenfreundlicher als die herrenlosen Landsknechtshorden im Süddeutschen Raum. Gewiss, Claus Störtebeker sagt man nach, er habe eine egalitäre Gesellschaftsstruktur an Bord gepflegt, bei gleichem Lohn für alle. Doch selbst wenn ein Teil davon wahr gewesen sein mag, das Bild, das wir seinetwegen aus heutiger Sicht auf die ganze Zunft projizieren, ist schon fragwürdig. Besonders das angeblich anarchische Moment war es, was nicht nur Kinder im 20. Jahrhundert faszinierte, sondern auch jene Intellektuellen, die in Berlin im Jahre 1979 die Zeitschrift „Freibeuter“ gründeten. Die Welt der Piraten war eben in unserer Märchenwelt ein Kosmos mit anderen Vorzeichen, in der die Mannschaften der mit Gold beladenen Schiffe auf den Ozeanen eben zur falschen Zeit am falschen Ort waren, was machten sie auch dort? Und war das Gold nicht sowieso auch von denen gestohlen?

Allenfalls wenn wir lesen, das unseren Johann Wolfgang von Goethe eine unglaubliche Angst beschlich, wegen der Piraten, im Mittelmeer eine Schiffsreise anzutreten, da lassen uns die Seeräuber wieder erschauern, wird zwischen gut und böse wieder neu gemischt. Auch der Kaperbrief, mit dem viele unterwegs waren von Sir Walter Raleigh bis Graf Luckner, die staatlich sanktionierte Seeräuberei, die die Grenzen zwischen Kriegseinsatz und schnödem Seeraub verwischte, ist nur bedingt als Legitimation brauchbar. Ansonsten könnte sich auch heute ein Gutteil jener Banden, die etwa im Südchinesischen Meer unterwegs sind, darauf berufen, dass sie die Unterstützung von lokalen Behörden der Volksrepublik genießen. Etwa wenn sie, wie es Ende der 90er Jahre mehrfach vorkam, auf hoher See einen Containerfrachter kapern, anschließend einen chinesischen Hafen anlaufen, dort die Ladung verkaufen, dem Schiff einen anderen Namen geben und Halbe-Halbe mit dem korrupten örtlichen Machthabern machen. Das muss kein Behördenvertreter sein. Die australische Piratenexpertin Carolin Liss macht in ihren Büchern als Hintermänner der Piraterie verstärkt auch Vertreter der Triaden aus, von denen dann im Prozess, wenn es denn zu einem kommt, als „Mr. Wong“ oder „Mr. Ching“ die Rede ist – in Abwesenheit. Die moderne Piraterie des 21. Jahrhunderts freilich hat es immer weniger auf die Schiffsladungen abgesehen, als effizienter erweist es sich da schon, die Mannschaft in eine Kajüte einzusperren, den Schiffstresor aufzusprengen, mit dem Speedboat das Weite zu suchen – und das Schiff seinem eigenen Kurs überlassen. Wie beim Tanker Nagasaki Spirit, der nach einem Überfall herrenlos durch die Straße von Malakka fuhr und einen Frachter rammte. 51 Seeleute fanden auf beiden Schiffe den Tod.

Die Überfälle der letzten Woche vor der somalischen Küste zeigen wiederum den neuesten Trend der Piraterie: Die Besatzung, oder bei exklusiven Kreuzfahrten auch gleich alle Passagiere als Geisel zu nehmen. Das Lösegeld übersteigt den Inhalt des Bordtresors um ein Vielfaches. Sollte dies auch andernorts Schule machen, so dürfte sich der weltweite Schaden von derzeit 13 Milliarden Euro, den die Piraten jährlich im Durchschnitt anrichten, sprunghaft erhöhen. 292 Besatzungsmitglieder waren im vergangenen Jahr weltweit bereits in Geiselhaft von Piraten. Übrigens ist auch dieser Betriebszweck der Piraterie Hunderte oder tausende Jahre alt. Nur mit dem Unterschied, dass früher kein Lösegeld kassiert wurde sondern ein guter Verkaufserlös auf den Sklavenmärkten. Goethe hatte schlicht Angst, in der Levante als Diener zu enden wie es vielen seiner Zeitgenossen geschah – wobei kluge europäische Sklaven zu Privatlehrern oder Hauspoeten aufsteigen konnten. Auch wenn die Piraterie die Schifffahrt fast seit ihren Anfängen begleitet und auch die ältesten Kulturen bedrohte – kilikische Piraten brachten kurz vor der Zeitenwende Rom in Hungergefahr, weil sie die Kornlieferungen aus Ägypten regelmäßig abfingen –, so muss die Lage nicht hoffnungslos bleiben. Der seit den Zeiten der portugiesischen Gewürztransporte gefährdeteste Schifffahrtsweg, die berüchtigte Straße von Malakka, gilt heute fast schon als befriedet, weil die Anliegerstaaten und auch die betroffene Exportnation Japan effektiv zusammen arbeiten.

Doch bei Küsten, hinter denen kein Staatsgebilde liegt, sondern das reine Chaos wie in Somalia, von wo aus der Krieg und die Raubzüge der Warlords mit anderen Mitteln auf das Wasser übertragen wird, da bleibt den Schiffseignern nur das eine: Abstand halten vom Land. Mindestens 400 Seemeilen (knapp 750 Kilometer) gelten unter maritimen Sicherheitsexperten als Faustregel. Eine Garantie für sicheres Fahrwasser gibt es auch dort nicht. (Welt)

Samstag, 6. September 2008

Piratenpartei unterstützt Anti-GEMA-Aktion

Johannes Kreidler ist ein Name, den man sich merken sollte. Der junge Künstler fordert eine Institution heraus: Am 12. September 2008 wird er in Berlin bei der "Musikverwertungsgesellschaft" GEMA ein Musikstück anmelden, das er aus 70.200 Samples anderer Stücke komponiert hat.

Christian Hufgard, stellvertretender Vorsitzender der hessischen PIRATEN, findet diese Kunstaktion großartig: "Ein Musikstück aus 70.200 Samples zu kreieren und dies anzumelden hinterfragt auf sehr anschauliche Art und Weise das Konstrukt der 'Schöpfungshöhe', ab der ein Künstler Monopolansprüche auf Informationen erheben kann. Schließlich wird hier nicht das Darbieten der Musik geschützt, sondern die logische Information, in der sie repräsentiert wird."
Die Piratenpartei wird Kreidler bei der Übergabe der 70.200 Einzelnachweise an die GEMA tatkräftig unterstützen und durch ein Interview, das Dienstag auf dem Informationsportal Musik.klarmachen-zum-Aendern.de erscheinen wird, weitere Aufmerksamkeit auf die Urheberrechtsproblematik und den jungen Künstler lenken. (openpr)

Freitag, 5. September 2008

Britin wegen Filesharing zu 6.000 Pfund Strafe verdonnert

In Großbritannien ist eine Frau wegen Filesharings zu einer Schadensersatzzahlung von knapp über 6.000 Pfund an den US-Spielentwickler Topware Interactive verurteilt worden. Hinzu kommen rund 10.000 Pfund Gerichtskosten. Wie die BBC berichtet, hatte das Unternehmen nach dem Auftauchen von über 500 illegalen Kopien des Spiels "Dream Pinball 3D" in Online-Tauschbörsen bereits im Jahr 2007 eine breit angelegte Anti-Piraterie-Kampagne initiiert.

Das nun gesprochene Urteil ist das erste seiner Art in Großbritannien. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Frau das urheberrechtlich geschützte Spiel ohne Autorisierung des Rechteinhabers über Filesharingseiten wie eMule, eDonkey oder Gnutella zum Download angeboten hat. Dem Bericht zufolge laufen in diesem Zusammenhang noch drei weitere Verfahren.

"Die Entschädigungssumme, die das Gericht verhängt hat, ist bezeichnend und soll für andere Nutzer abschreckend wirken", erklärt David Gore, Partner der britischen Anwaltskanzlei Davenport Lyons, die Topware Interactive vertritt. "Das Urteil zeigt, dass direkte Maßnahmen gegen Rechtsverletzer eine wichtige und effektive Waffe im Kampf gegen Online-Piraterie sind."

Gleichzeitig wies der Anwalt darauf hin, dass der vorliegende Rechtsspruch nur "der erste von vielen" sei. Man habe detaillierte Informationen zu tausenden Filesharern gesammelt, die unter dem Verdacht stehen, das Spiel illegal untereinander getauscht zu haben. "Gegen sie alle könnten nun gerichtliche Schritte eingeleitet werden", so Gore.

"Filesharing ist ein Massenphänomen. Bei der Menge an Tauschbörsennutzern würde eine Verfolgung des Einzelnen das Problem einer Unmenge an Strafverfahren mit sich bringen", sagt Christine Ehlers, Sprecherin der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU). Die GVU habe deshalb kein Interesse an einer Kriminalisierung des einzelnen Nutzers. "Wir konzentrieren uns in unserem rechtlichen Vorgehen vor allem auf die Täter an der Spitze der illegalen Verbreitungspyramide, die Ausgangspunkte für die massenhaften Downloads."

Die GVU schlägt daher einen abgestuften Sanktionsmechanismus vor, das sogenannte "Graduated Response"-Verfahren. "Hierbei werden Nutzer zunächst per Warn-E-Mail auf die Rechtswidrigkeit ihres Handelns hingewiesen. Erst im Fall von weiteren Verstößen drohen stufenweise Sanktionen, etwa die Einschränkung der Internet-Bandbreite", erläutert Ehlers.

Donnerstag, 4. September 2008

Medienkonzerne ballern YouTube-Videos mit Werbung zu

Nach Jahren des Kampfes gegen Online-Piraterie auf dem Videoportal YouTube zeichnet sich nun ein Umdenken der Medienkonzerne ab. So wird von Seiten vieler Unternehmen heute bereits darauf verzichtet, illegal eingestelltes, urheberrechtlich geschütztes Material von der Seite löschen zu lassen. Stattdessen werden derartige Beiträge einfach online gelassen und mit einer kurzen Werbeeinblendung und einem Verweis auf den jeweiligen Rechteinhaber ergänzt. Wie die New York Times berichtet, sehen Medienkonzerne wie CBS, Universal Music, Lionsgate oder Electronic Arts unautorisierte YouTube-Beiträge, die Teile von Filmen, Musikvideos oder anderen rechtlich geschützten Content enthalten, nicht mehr als Bedrohung an.

Vielmehr haben sie die Möglichkeiten und das Potenzial der Videoplattform für Werbezwecke erkannt und versuchen diese nun für ihre eigenen Zwecke zu nutzen. "Wir wollen es nicht entschuldigen, dass einige Leute ohne unsere Erlaubnis einfach unser geistiges Eigentum verwenden", erklärt Curt Marvis, Chef der Abteilung Digital Media beim kanadischen Medienunternehmen Lionsgate Entertainment gegenüber der New York Times. "Uns gefällt es aber genauso wenig, wenn Fans unserer Produkte keine ausreichende Möglichkeit haben, an unsere Inhalte heranzukommen", ergänzt Marvis. Die meisten jener Nutzer, die urheberrechtlich geschütztes Material illegal auf YouTube einstellen, seien ohnehin keine kriminellen Online-Piraten, sondern einfach Fans der vom Unternehmen produzierten Filme. "Sie versuchen schließlich nicht, sich durch diese Online-Veröffentlichungen finanziell zu bereichern", betont Marvis. "Was die Art und Weise betrifft, wie Medienkonzerne mit urheberrechtlich geschützten Inhalten auf YouTube umgehen, hat es sicherlich ein Umdenken gegeben. Der Eindruck, dass all diese Unternehmen bislang gegen die Plattform waren, ist aber falsch", stellt Google-Sprecher Stefan Keuchel im Gespräch mit pressetext fest. Bewegtbild im Internet sei eines der Trendthemen schlechthin. "Viele Unternehmen haben das Potenzial von YouTube für Werbezwecke bereits erkannt.

Über das Portal kommen sie an Zielgruppen heran, die ansonsten nur sehr schwer erreichbar wären", meint Keuchel. So waren dem Google-Sprecher zufolge schon zum Zeitpunkt des Deutschlandstarts der Videoseite rund 60 Partnerunternehmen mit einem eigenen Kanal auf YouTube vertreten, darunter auch Medienkonzerne wie das ZDF. Wenn ein Medienunternehmen sich für die Werbevariante entscheidet, wird der betreffende Nutzer, der das Material illegal eingestellt hat, per E-Mail darüber informiert, dass ein YouTube-Partner einen Urheberrechtsanspruch auf eines seiner Videos gestellt hat. In der Nachricht wird ihm klar gemacht, dass der Rechteinhaber die Verwendung des Inhalts autorisiert hat und künftig Werbeeinblendungen im Rahmen der Wiedergabe des Clips schalten wird. "Wie diese Werbung genau ausschauen wird, ist derzeit noch nicht klar. Wir testen zur Zeit verschiedene Modelle", merkt Keuchel an. Vorstellbar wären etwa sogenannte Pre- oder Post-Rolls bei denen Werbung entweder vor oder nach dem Beitrag geschaltet wird oder auch In-Video-Ads, die während der Wiedergabe abgespielt werden. "Im Moment finden sich noch keine solchen Werbeeinschaltungen bei YouTube-Videos in Deutschland. Genaue Daten darüber, wann und in welchem Ausmaß diese kommen werden, gibt es noch nicht", so Keuchel abschließend. (derStandard)

Mittwoch, 3. September 2008

Anti-Piraterie-Abkommen weiterhin streng geheim

Auch nach der zweiten Verhandlungsrunde zum geplanten internationalen Anti-Piraterie-Abkommen (Anti-Counterfeiting Trade Agreement, ACTA) legen die verhandelnden Regierungen keine Details offen. "Die Verhandlungen sollen so weit wie möglich transparent gemacht werden. Da die Vertragspartner aber Vertraulichkeit vereinbart haben, können wir keine Aussagen zu Inhalten machen", erklärte gegenüber heise online ein Sprecher des Bundesjustizministeriums (BMJ), das einen Beobachter zu den Verhandlungen in der vergangenen Woche in Washington DC entsandt hatte. Nachfragen zur möglichen Ausgestaltung wies der BMJ-Mann zurück.

Die Vorbereitungen zu ACTA laufen seit Herbst vergangenen Jahres. Bei den Gesprächen hinter verschlossenen Türen geht es um ein internationales Abkommen zum Schutze geistigen Eigentums und der Bekämpfung von Produktpiraterie. Bisher bekannt gewordenen Unterlagen zufolge wird im Kreis der Teilnehmerländer eine breite Palette von möglichen Maßnahmen diskutiert, darunter mehr Befugnisse für Zoll- und Ermittlungsbeamte oder die Absicherung zivilrechtlicher Ansprüche der Rechteinhaber. Mit von der Partie waren in Washington – neben den USA und der EU – Japan, Australien, Mexiko, Neuseeland, Marokko, Korea, Singapur und die Schweiz. Die beiden arabischen Teilnehmer der in Genf abgehaltenen ersten Runde, Jordanien und die Vereinigten Arabischen Emirate, waren nicht mehr dabei.

Besonderes Augenmerk liegt offenbar auch auf neuen Mitteln gegen Urheberrechtsverletzungen im Internet. Dabei waren auch Forderungen laut geworden, die Provider dafür mehr in die Verantwortung zu nehmen. Das so genannte französische Modell, das bei wiederholtem Auffälligwerden eine Sperre des betroffenen Internetanschluss ohne Einschalten einer Rechtsinstanz vorsieht, sei allerdings bislang in den ACTA-Verhandlungen nicht diskutiert worden, wie ein Sprecher der EU-Generaldirektion Handel gegenüber heise online versicherte.

In einem Memo des Justizministeriums (PDF) wird das Internet nicht als Regelungsgegenstand erwähnt und nochmals betont, dass ACTA keineswegs auf eine "schikanöse Behandlung des einzelnen Bürgers" abziele. "Die Position der EU zu diesem Thema sollte auf bestehendem EU-Recht aufbauen", schreibt der EU-Sprecher. Dazu gehöre neben der Richtlinie zum Urheberrecht in der Informationsgesellschaft auch das aktuell diskutierte Telekom-Paket.

Verbraucherschützer aus dem Kreis des Transatlantic Consumer Dialogue (TACD) fürchten nun, die ACTA-Verhandlungen könnten dem französischen Modell auf internationaler Ebene Schubkraft verleihen. Zudem warnen sie, dass nun das geplante Maßnahmenpaket zur Ahndung von Urheberrechtsverletzungen in der Europäischen Union (IPRED2) wieder auf die Agenda gehoben werden könnten. Eine Streitfrage bei den seit einem Jahr auf Eis liegenden IPRED2-Vorschlägen betrifft auch die mögliche Kriminalisierung von Parallelimporten – eine Sorge, die Nichtregierungsorganisationen (NGOs) auch bei ACTA umtreibt.

Wie viel von diesen Bedenken berechtigt ist, lässt sich mangels Einsicht in die Dokumente derzeit nicht sagen. Unternehmensvertreter aus verschiedenen Ländern und Branchen bemängeln diesen Zustand ebenso wie die NGOs. Ein Vertreter eines großen US-IT-Dienstleisters sagte gegenüber heise online, das Maß an Geheimhaltung bei ACTA übersteige alles, was er bislang gesehen habe. Die neuseeländische Registry InternetNZ schrieb in einer Stellungnahme, konkrete Anmerkungen zu ACTA seien aufgrund der fehlenden Informationen kaum möglich. Von Seiten der IT-Wirtschaft gibt es Kritik, dass Rechteinhaber besser informiert worden seien als etwa die betroffene IT-Branche.

An der Informationspolitik wird sich kurzfristig wohl wenig ändern. "Es ist unwahrscheinlich, dass Verhandlungstexte in diesem frühen Stadium, nach nur zwei Verhandlungsrunden, öffentlich zugänglich gemacht werden", teilte dazu der Sprecher der Generaldirektion Handel mit. Wie die nach Abschluss der Runde in Washington erneut angekündigte Anhörung der betroffenen Parteien ohne handfeste Informationen funktionieren soll, bleibt offen. Schon bei der ersten Konsultation der Kommission im vergangenen Juni standen keine Details zur Debatte.

In Runde drei im Oktober könnte laut Informationen aus der Generaldirektion Handel "ein erster Entwurf" erstellt "und diskutiert" werden. Einmal unterschriftsreif werde ACTA vor der Unterzeichnung durch die Vertragspartner auch der Öffentlichkeit präsentiert. EU-Ratsvertreter und -Parlament sollen, so der Sprecher der Generaldirektion Handel, früher informiert werden, allerdings ebenfalls unter der Auflage, den Text nicht zu verbreiten. Für ACTA gilt offenbar eine besondere Definition von "weitestgehender Transparenz". (heise)

Dienstag, 2. September 2008

Das rote Hemd

Vor langer, sehr langer Zeit, als noch mächtige Galeeren die Meere beherrschten, wurden ein Captain und seine Seemänner von einem Piratenschiff bedroht. Als die Mannschaft drohte, in Panik zu verfallen, wandte sich der Captain an seinen ersten Maat und schrie:

"Bring mir mein rotes Hemd!"

Der erste Maat folgte dem Befehl, und nachdem der Captain es angelegt hatte, führte er seine Männer in den Kampf gegen die Piraten. Obwohl einige Verluste hingenommen werden mussten, wurden die Piraten dennoch vernichtend geschlagen.

Etwas später am selben Tag, meldete der Ausguck zwei Piratenschiffe, die sich auf Abfangkurs befanden. Die Mannschaft, die sich gerade mal vom ersten Überfall erholt hatte, zuckte furchterfüllt zusammen, aber ihr Captain, ruhig wie immer, wandte sich wieder an seinen ersten Maat:

"Bring mir mein rotes Hemd!"

Und wieder entbrannte ein heftiger Kampf mit den Piraten, und wieder wurden sie zurückgeschlagen, obwohl diesesmal mehr Verluste hingenommen werden mussten.

Am Abend dieses schweren Tages saß die erschöpfte Crew mit ihrem Captain an Deck und ließ die Ereignisse Revue passieren. Einer der Matrosen fragte den Captain:

"Sir, warum rufen Sie immer nach ihrem roten Hemd, bevor sie kämpfen?"

Der Captain sah dem Matrosen tief in die Augen und sagte: "Wenn ich im Kampf verwundet werde, kann man die Wunde wegen des roten Hemds nicht sehen, also sinkt die Moral nicht und alle kämpfen mutig weiter!"

Die Männer saßen schweigend und bewunderten die Weisheit und Voraussicht ihres mutigen Captains.

Als die Morgendämmerung kam, verkündete der Ausguck, dass weitere Piratenschiffe, zehn an der Zahl, sich näherten - bereit zum entern! Es wurde still an Deck und alle sahen hoffnugsvoll zum Captain, ihrem Führer, warteten, dass er seinen üblichen Befehl gab.

Und der Captain, ruhig wie immer, wandte sich an seinen ersten Maat und meinte: "Bring mir meine braunen Hosen..."

Montag, 1. September 2008

Präsidentschaftskandidat John McCain wegen Musik-Piraterie verklagt

Der US-Sänger Jackson Browne (59) hat den republikanischen US-Präsidentschaftskandidaten John McCain wegen Copyright-Verletzung verklagt. Nach einem Bericht der "Los Angeles Times" dreht sich der Streit um Brownes Song "Running on Empty", der in einem Wahlkampf-Werbespot des Republikaners zu hören ist. Der Sänger und Songschreiber, ein überzeugter Demokrat, reichte die Klage am Donnerstag bei einem Bezirksgericht in Los Angeles ein.

Browne fordert Schadensersatz und ein sofortiges Verbot für die unerlaubte Benutzung des Songs. Browne sei über den Vorfall "erzürnt", sagte der Anwalt des Sängers, Lawrence Iser, der Zeitung. McCains Sprecher zufolge stammt die umstrittene TV-Werbung nicht von der McCain-Kampagne sondern von der Republikanischen Partei im US-Staat Ohio. Der Werbespot macht sich über den Demokraten Barack Obama lustig.

Dabei ist es nicht das erste Mal, dass McCain gegen Urheberrechte verstößt. Der republikanische Kandidat startete, wie berichtet, im Juli einen YouTube-Spot in dem er die "Liebe" der US-Medien für den Kandidaten der Demokratischen Partei, Barack Obama" aufs Korn nahm. Im Hintergrund war das Frankie-Valli-Lied "Can't Take My Eyes Off Of You" zu hören. Dummerweise hatte man "vergessen", dafür die Rechte einzuholen.

Im Oktober 2007 hatte er sich einen Rechtsstreit mit dem Fernsehsender Fox eingeholt, nachdem ohne Genehmigung Ausschnitte aus dem Fox-Programm in einem Wahlkampfspot verwendet wurden. (derstandard)

Sonntag, 31. August 2008

EU bläst zur Jagd auf somalische Piraten

Deutschland will sich einer möglichen EU-Militärmission zum Kampf gegen Piraten am Horn von Afrika anschließen. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums sagte am Freitag: „Es ist durchaus wahrscheinlich, dass wir uns an einer solchen Mission beteiligen würden.“

Die Vorbereitungen zu einer Mission im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) liefen bereits. Im September sei die „Koordinierungsphase“ vorgesehen, dann die „Einsatzphase“. Während deutsche Marinekräfte derzeit in Pirateriefällen nur Nothilfe leisten dürften und ihnen darüber hinaus die Hände gebunden seien, würden sie an einer ESVP-Mission beteiligt werden können, weil Artikel 24 des Grundgesetzes Einsätze in einem System kollektiver Sicherheit erlaube. Die Deutsche Marine ist im Rahmen der AntiTerror-Operation „Enduring Freedom“ (OEF) am Horn von Afrika eingesetzt; derzeit allerdings nicht mit Schiffen, sondern mit „Orion“-Aufklärungsflugzeugen. (FAZ)

Samstag, 30. August 2008

Frachter "BBC Trinidad" in nur 15 Minuten gekapert

Die Piraten, die am Donnerstag vergangener Woche den Frachter "BBC Trinidad" vor der somalischen Küste in ihre Gewalt brachten, haben für die Kaperung keine15 Minuten gebraucht. Die Gangster begnügten sich jedoch nicht allein mit der Kontrolle des Schiffs, um Lösegeld zu erpressen. Sie plünderten auch die Kabinen der Besatzung. Zur Beute gehörten nicht nur Geld und Wertsachen. Auch Kleidung, Schuhe und die Bettwäsche nahmen sie mit. Das geht aus einem Bericht hervor, den der Zweite Offizier in einem unbeobachteten Moment von Bord schmuggeln konnte.

Die "BBC Trinidad" war auf dem Weg von Houston (Texas) nach Muskat (Oman). Die Ladung besteht nach Angaben der Bremer Reederei Beluga Shipping GmbH unter anderem aus Röhren für die Ölindustrie. Den Aufzeichnungen zufolge wurde die Besatzung gegen Mittag von einem vermutlich chinesischen Frachter gewarnt. Hinter dem Beluga-Schiff würden sich verdächtige Wasserfahrzeuge bewegen. Dann entdeckte auch die "BBC Trinidad" die Verdächtigen: zwei Schnellboote und ein "Mutterschiff".

Sofort änderte der Frachter seinen Kurs. An ein Entkommen war dennoch nicht zu denken. Die Schlauchboote der Piraten waren mit einer Spitzengeschwindigkeit von 24 Knoten um rund 10 Knoten deutlich schneller als die "BBC Trinidad". Auch mit einem Zick-Zack-Kurs habe man die Verfolger nicht abschütteln können, berichtete der Zweite Offizier. Die "BBC Trinidad" gab Notsignal und informierte alle Schiffe in der Umgebung.

Nachdem sie mit scharfen Schüssen gedroht hatten, gingen die Piraten längsseits und enterten den Frachter über die nur 180 Zentimeter über der Wasserlinie liegende Bordkante. Laut Logbuch war es 12:52 Uhr. In einem Umkreis von rund 50 Seemeilen registrierte die "BBC Trinidad" zu diesem Zeitpunkt 71 Schiffe. Darunter in 27 Seemeilen Entfernung eine NATO-Fregatte. Auch zu ihr nahm der Frachter Funkkontakt auf.

Die Kontrolle an Bord übernahmen laut Bericht insgesamt neun Piraten; sieben von ihnen waren mit Kalaschnikow-Maschinenpistolen, zwei mit Panzerfäusten ausgerüstet. Von nun an hatte der Kapitän ihren Befehlen zu folgen. Selbst der Gang zur Toilette musste vom "Boss" der Piraten genehmigt werden.

Freitag, 29. August 2008

Olympische Online-Piraterie

Die Olympischen Spiele bescherten Fernsehsendern rund um die Welt auch im Web Rekorde. So griffen knapp zwei Millionen Zuschauer auf den Live-Stream der ARD zu. Die Website der BBC verzeichnete täglich rund drei Millionen Videozugriffe. Der US-Fernsehsender NBC gab Mitte letzter Woche bekannt, dass seine Zuschauer bereits mehr als 56 Millionen Videostreams abgerufen hatten.

Derartige Zahlen klingen beeindruckend – bis man sie mit den Quoten der traditionellen Fernsehübertragungen vergleicht. NBCs Zuschauer sahen sich bis Mitte letzter Woche im Web zusammengenommen insgesamt sechs Millionen Stunden Olympiavideos an. Im Fernsehen verzeichnete der Sender dagegen im gleichen Zeitraum rund 1,8 Milliarden Zuschauerstunden – rund 300-mal so viel. Kritiker glauben, die Olympiade hätte online ein deutlich größerer Erfolg werden können, wenn Sender wie NBC und das Internationale Olympische Komitee (IOC) nicht weltweit zahllose Restriktionen durchgesetzt hätten.

So hatte das IOC die Online-Rechte für die Olympischen Spiele Land für Land verkauft. Wenn ein Fernsehsender sein Programm auch im Web übertragen wollte, wurde er vertraglich dazu verpflichtet, die Online-Videos nur Bürgern des eigenen Landes zugänglich zu machen. Die BBC und andere Sender setzten dazu auf Lokalisierung per IP-Nummer. Wer von der falschen Internetadresse aus auf ihre Angebote zugriff, wurde mit einer Fehlermeldung abgespeist.
Eine derartige Sperre war eigentlich auch für das Online-Angebot der ARD geplant gewesen.

Findige Nutzer entdeckten jedoch während der Eröffnungszeremonie einen Server des Infrastrukturdienstleisters Akamai, der den ARD-Stream ohne Beschränkungen übertrug. Der Link verbreitete sich in Windeseile im Netz – und sorgte beim IOC für Verärgerung. Das Komitee schaltete umgehend die Europäische Rundfunkunion ein, die der ARD kurzerhand jegliche weitere Online-Übertragung der Spiele untersagte. Der Sender stopfte das Leck umgehend und war bereits am Samstagvormittag wieder im Netz auf Sendung.

Ein Grund für die territorialen Beschränkungen war, dass der US-Sender NBC seinen Fernsehzuschauern wesentliche Teile des Olympia-Programms nicht in Echtzeit zeigen wollte. Während der Rest der Welt der Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele live zuschaute, lief auf NBC Frühstücksfernsehen. In der Hoffnung auf bessere Quoten zeigte der Sender die Zeremonie mit zwölf Stunden Verspätung. Auf NBCs Website war das Spektakel sogar erst nach der Ausstrahlung im US-Fernsehen abrufbar.

NBC-Universal-CEO Jeff Zucker erklärte dazu später, der Sender habe durch die verzögerte Übertragung Spannung aufgebaut. Live-Medienberichte von der Übertragung hätten NBC am Eröffnungsabend mehr Zuschauer eingebracht – ein Prinzip, dass Zucker euphemistisch als „in Flaschen abgefüllte Spannung“ bezeichnete. Derartige Konservenkost mag für die Eröffnungszermonie funktioniert haben, doch in den Tagen darauf erwies sich NBCs Programmplanung oft als Ärgernis. So erfuhren US-Amerikaner übers Web in Echtzeit von der achten Goldmedaille ihres Landmanns Michael Phelps. NBC übertrug den Schwimmwettbewerb erst Stunden später.

Zahlreiche Sportfans versuchten sich deshalb daran, allen territorialen Schranken zum Trotz Live-Übertragungen im Netz anzuschauen. Sie lieferten sich dabei ein Katz-und-Maus-Spiel mit dem IOC, NBC und anderen TV-Sendern, die hart gegen unautorisierte Live-Übertragungen vorgingen. Im Zentrum dieser Auseinandersetzungen standen Live-Video-Plattformen wie Justin.tv und Ustream.tv. Die Übertragungen der Olympischen Spiele erreichten dort in kürzester Zeit mehrere Hundert Zuschauer, wurden aber nicht selten innerhalb weniger Stunden abgeklemmt.

Fündig wurden Olympiafans dagegen auf chinesischen P2P-TV-Plattformen wie Sopcast. Sportfans nutzten diese Programme, um Live-TV-Feeds aus allen Ecken der Welt zu schauen. Highlights fanden sich zudem nicht selten wenige Stunden später in HD-Qualität auf Bittorrent-Websites wie dem schwedischen Pirate Bay. Das IOC wandte sich deshalb an die schwedische Regierung, um die Weiterverbreitung der Videos zu stoppen. Die Pirate-Bay-Betreiber reagierten darauf gewohnt angriffslustig: Sie tauften ihre Website kurzerhand zu „The Beijing Bay“ um und erklärten in Anspielung auf die dortige Internetzensur, die IOC-Funktionäre seien wohl zu lange in China gewesen.

Mittlerweile mehren sich die Zweifel daran, ob die umfangreichen Sperren wirklich nötig waren. NBCs eigene Forschungsabteilung hat inzwischen bestätigt, dass Web-Streams keine Konkurrenz fürs Fernsehen waren. Zehn Prozent der US-Zuschauer haben sich demnach die Olympischen Spiele im Netz oder über ihr Handy angeschaut – doch die meisten nutzten die Web-Videos zusätzlich zum Fernsehprogramm. Nur 0,2 Prozent aller Zuschauer setzten für die Peking 2008 exklusiv auf neue Medien.

NBCs Jeff Zucker hatte bereits zu Beginn der Spiele erklärt, dass der Sender viel von den Online-Gewohnheiten der Sportfans lernen könne. „Die Olympischen Spiele werden uns eine Menge Digitalwissen einbringen“, so Zucker im US-Fernsehen. In Zukunft werde dies dabei helfen, auch im Netz mit den Olympischen Spielen richtig Geld zu verdienen. Bisher ist davon allerdings noch nicht viel zu sehen. Die Marktforschungsfirma eMarketer schätzt, dass NBC nur knapp sechs Millionen Dollar mit Videowerbung auf seinem Online-Angebot eingenommen hat. (focus)

Donnerstag, 28. August 2008

Bürgerkrieg in Somalia

Die islamistischen Shabaab-Rebellen erobern Südsomalias größte Hafenstadt Kismayo. Es ist ihr bisher größter Triumph im Krieg gegen die äthiopisch unterstützte Regierung.

Viele Somalier sind in den Wirren des Bürgerkriegs aus ihren Heimatorten vertrieben worden und haben sich auf eine dauerhafte Existenz in Flüchtlingslagern eingerichtet. Drei Tage lang kämpften Anhänger der radikal-islamischen Al Shabaab-Rebellen in Kismayo gegen lokale Clan-Milizen. Am gestrigen Freitagabend übernahmen sie die Kontrolle über die strategisch bedeutende Hafenstadt im Süden von Somalia. Mehr als 70 Menschen waren da schon ums Leben gekommen. "Den ganzen Tag war das Donnern von Granaten und Gewehren zu hören", berichtet ein Bewohner. "Jetzt ist es still, es sieht so aus, als habe die Shabaab gewonnen." Die Clan-Milizen, die die Stadt bislang kontrollierten, haben sich offenbar an den Nordrand zurück gezogen.

Nach den schwersten Kämpfen, die Somalia seit Monaten gesehen hat, ist die humanitäre Lage in Kismayo dramatisch. Mehr als 150 Verletzte werden im einzigen Krankenhaus der Stadt von einem Arzt und einer Krankenschwester behandelt.

Die Einnahme von Kismayo ist der größte militärische Erfolg der Islamisten seit Beginn ihres Untergrundkampfes Ende 2006. Damals waren äthiopische Soldaten an der Seite von Truppen der somalischen Übergangsregierung einmarschiert und hatten die in der Hauptstadt Mogadischu und im Süden Somalias regierenden "Islamischen Gerichtshöfe" verjagt. Islamistische Kämpfer starteten daraufhin einen Guerillakrieg. Zentrum der Kämpfe war meist Mogadischu - erst am Donnerstag kamen dort mindestens zehn Menschen ums Leben, als beide Seiten mitten auf dem Bakara-Markt, dem belebtesten der Stadt, schweres Geschützfeuer austauschten. Im Rest des Landes blieb es vergleichsweise ruhig; zudem fühlten sich die Bewohner Kismayos sicher, denn sie galten ebenfalls nicht als Unterstützer der Regierung in Mogadischu.

Doch die Islamisten brauchen die Hafenstadt, um ihre Rückzugsgebiete im Süden Somalias von See aus besser versorgen zu können. Seit die USA in der Nacht zum 1. Mai einen der Führer von al-Shabaab, Aden Hashi Ayro, mit einem gezielten Luftschlag ermordeten, haben sich die Kommandeure der al-Qaida nahestehenden Gruppe in unwegsames Gelände zurückgezogen. Zudem steht al-Shabaab auch politisch unter Druck: Moderate Islamisten unterzeichneten am Montag in Dschibuti erneut einen Waffenstillstand mit der Regierung. "Beide Seiten haben sich verpflichtet, alle Kampfhandlungen sofort einzustellen", freute sich der UN-Sonderbeauftragte Ahmedou Ould Abdallah.

Im Gegenzug, so heißt es in dem Abkommen, sollen die Äthiopier abziehen und durch UN-Blauhelme ersetzt werden. Doch dass das in naher Zukunft passiert, glaubt nicht einmal der UN-Sicherheitsrat. Der stellte eine Diskussion über eine UN-Beteiligung erst "zu geeigneter Zeit" in Aussicht. Der Abzug der äthiopischen "Besatzer" aber ist die Hauptforderung der radikalen Islamisten, um irgendeinem Frieden zuzustimmen.

Das Chaos in Somalia nutzt derzeit vor allem einer Branche: der Piraterie. Innerhalb von 48 Stunden wurden bis Donnerstagmittag vier Frachter von somalischen Seeräubern gekapert und entführt. Unter den vier Schiffen ist auch die "BBC Trinidad" der Bremer Reederei Beluga mit 13 Besatzungsmitgliedern aus der Slowakei, Russland und den Philippinen an Bord. Es gilt als sicher, dass die Entführer Lösegeld verlangen: In den vergangenen Monaten sind in ähnlichen Fällen Millionensummen geflossen. (taz)

Mittwoch, 27. August 2008

Schwerbewaffnete Piraten überallen Luxusjacht vor Korsika

Schwer bewaffnete Piraten haben vor Korsika eine Luxusjacht mit deutschen Touristen überfallen und 138.000 Euro erbeutet. Die vier Angreifer seien mit Gewehren und Schnellfeuerwaffen bewaffnet gewesen, sagte der Oberstaatsanwalt von Ajaccio, José Thorel, am Montag in Paris.

Sie hätten in der Nacht zum Montag die 55 Meter lange Segeljacht geentert. Der Segler war von der italienischen Nachbarinsel Sardinien gekommen und hatte vor Porto Vecchio geankert. Die maskierten Piraten kamen mit einem Schlauchboot und gelangten ohne große Probleme an Bord des unbewachten Luxusseglers.

Sie überwältigten die zehn Mann starke Mannschaft und die neun deutschen Passagiere und forderten von ihnen Geld. Der Kapitän übergab den Angreifern 138.000 Euro aus der Bordkasse. Anschließend flohen die Piraten mit der Beute, ohne das Boot und die Kabinen weiter zu durchsuchen.

Auch vor der somalischen Küste haben bewaffnete Piraten vermutlich acht Schiffe gekapert und dabei auch Geschütze eingesetzt. Verletzt worden sei aber wohl niemand, sagte der Chef einer Hilfsorganisation für ostafrikanische Seeleute, Andrew Mwangura, am Montag. Früheren Berichten zufolge sollten drei Seeleute bei einer Schießerei getötet worden sein. Mwangura sagte, es sei zu früh, um genauere Angaben zu den entführten Schiffen zu machen. Es habe sich anscheinend um Tank- und Frachtschiffe gehandelt.

Vor der somalischen Küste hatten Piraten bereits in der vergangenen Woche vier Schiffe aus Deutschland, Japan, dem Iran und Malaysia gekapert. Das Internationale Schifffahrtsbüro (IMB) warnte vor Piratenangriffen und forderte den Einsatz von Kriegsschiffen. Die Besatzung des entführten deutschen Schiffes ist wohlauf. Alle Crewmitglieder sind nach Angaben der Bremer Beluga-Reederei vom Montag unverletzt.

Weitere Angaben zur Situation des Mehrzweck- Schwergutfrachters „BBC Trinidad“ wollte das Unternehmen zunächst nicht machen. An Bord der „BBC Trinidad“ sind 13 Besatzungsmitglieder - der slowakische Kapitän sowie auch russische und philippinische Seeleute. (WZ)

Dienstag, 26. August 2008

Zwei Piratenangriffe vor Somalia zurückgeschlagen

Piraten haben vor der Küste Somalias im Golf von Aden am 23. August erneut zwei Frachtschiffe überfallen. Beide Angriffe schlugen aber diesmal fehl. Ein japanisches Schiff konnte sich trotz des Beschusses durch die Piraten aus eigener Kraft in Sicherheit bringen, die Verfolgungsjagd dauerte etwa eine Stunde. Keines der 20 Besatzungsmitglieder wurde verletzt. Wenige Stunden später griffen die Seeräuber einen Frachter unter liberianischer Flagge an. Ein herbeigerufenes Militärflugzeug schlug die Piraten in die Flucht.

„Zwei Schnellboote jagten das japanische Schiff und eröffneten das Feuer“, erklärte der Abteilungsleiter für Piraterie der Internationalen Seefahrtsbehörde (IMB) in Kuala Lumpur, Noel Choong, der Nachrichtenagentur AP. „Aber der japanische Frachter hat es geschafft, zu entkommen, nachdem der Kapitän beschleunigt hatte und Ausweichmanöver fuhr.“ In der Nähe habe sich auch ein Schiff befunden, das den kleinen Schnellbooten auf Hoher See vermutlich Deckung gab.

Der Kapitän des Frachters unter liberianischer Flagge alarmierte sofort nach dem Angriff das Lagezentrum in Kuala Lumpur, woraufhin in den Gewässern patrouillierende Schiffe der internationalen Streitkräfte verständigt wurden. Ein Militärflugzeug sei zu dem Frachter geeilt und habe die Piraten in die Flucht geschlagen, erklärte Choong. Das IMB machte keine Angaben zur Nationalität des Militärflugzeugs. Dem multinationalen Marineverband in der Region gehören Kriegsschiffe der USA, Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens, Kanadas und Pakistans an. (Focus)

Montag, 25. August 2008

Internationales Olympisches Komitee droht Pirate Bay

"The Beijing Bay" prangt derzeit am Eingang des berühmt-berüchtigten Torrent-Trackers The Pirate Bay. Die schwedischen Piraten reagieren damit in typischer Weise auf Drohgebärden des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). Die Sportfunktionäre hatten die schwedische Regierung aufgefordert, die Verbreitung von Aufnahmen der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Peking (Beijing) über den Tracker zu unterbinden.

Das schwedische Justizministerium bestätigte den Erhalt eines entsprechenden Schreibens des IOC. Ministerin Beatrice Ask zeigte Verständnis für das Anliegen des IOC. "Sie wollen wissen, wie ihnen die Regierung in diesem Fall helfen kann", sagte die Ministerin der schwedischen Nachrichtenagentur Tidningarnas Telegrambyrå (TT). Allerdings könne die Regierung in einem Einzelfall nicht einschreiten, die Angelegenheit sei routinemäßig an die Polizei weitergeleitet worden.

"Eigentlich wollten wir die olympischen Spiele ignorieren", erklärte ein Piraten-Sprecher gegenüber TorrentFreak. "Aber jetzt laden wir unsere Kanonen." Das neue Logo der Website verlinkt nun auf Torrents von Mitschnitten der Spiele. Allerdings ist die Pirate Bay nicht alleine ins Visier des IOC gerückt. Auch andere Regierungen, in deren Zuständigkeit ähnliche Filesharing-Sites existieren, sollen Beschwerdebriefe der Sportfunktionäre erhalten haben. (heise)

Sonntag, 24. August 2008

Kriegsschiff verfolgt somalische Piraten

Vor der Küste von Somalia hat ein Kriegssschiff der internationalen Marineeinheiten die Fährte der Piraten aufgenommen. Die Seeräuber kaperten an einem einzigen Tag gleich drei Schiffe, die unter verschiedenen Flaggen fahren. Auch ein deutscher Frachter soll überfallen worden sein. Darunter ist auch ein deutscher Frachter, der unter der Flagge von Antigua und Barbuda fährt. „Die drei entführten Schiffe sind immer noch in Bewegung und steuern offenbar auf somalische Hoheitsgewässer zu“, sagte ein Sprecher der Internationalen Seefahrtsbehörde (IMB) in Kuala Lumpur. „Ein Kriegsschiff wurde auf den Weg geschickt, um die Schiffe aufzuspüren und zu beobachten.“ Unter welcher Fahne dieses Kriegsschiff fährt, wurde nicht mitgeteilt. Dem multinationale Marineverband in der Region gehören Kriegsschiffe der USA, Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens, Kanadas und Pakistans an.

Mit der Entführung von drei Schiffen an einem einzigen Tag – neben dem deutschen Frachter überwältigten Piraten auch die Besatzungen eines iranischen und japanischen Schiffes – hat die Piraterie vor Somalia ein noch nie dagewesenes Ausmaß erreicht. IMB-Abteilungsleiter Noel Choong appellierte an die Vereinten Nationen, für die Sicherheit in der vielbefahrenen Schifffahrtsstraße zu sorgen. (Welt)

Samstag, 23. August 2008

Piraten vor Somalia sind nicht zu stoppen

Vor der Küste Somalias haben Piraten nach Angaben der Internationalen Schifffahrtsbehörde (IMB) erneut einen deutschen Frachter gekapert. Das unter der Flagge von Antigua und Barbados fahrende Schiff sei am Donnerstag in der Mittagszeit ins Visier der Piraten geraten, teilte der Chef des IMB-Meldezentrums für Piraterie, Noel Choong, in Kuala Lumpur mit. Zuvor hätten Seeräuber bereits einen iranischen und einen japanischen Tanker in ihre Gewalt gebracht. Das Auswärtige Amt teilte mit, es gehe einer Meldung über eine Entführung nach.

Die Namen der Schiffe und Details zu den Vorfällen wollte Choong nicht bekanntgeben. Seine Behörde habe die US-geführten Marinetruppen in der Region informiert. Die Überfälle hätten sehr nah beieinander stattgefunden, er könne aber nicht sagen, ob sie von derselben Piratengruppe verübt worden seien, fügte Choong hinzu. Dies werde eine Untersuchung aufklären. Es sei eine dringende Warnung an alle Schiffe ausgegangen, die im Golf von Aden unterwegs seien.

Zugleich kündigte Choong an, seine Organisation wolle Druck auf die Vereinten Nationen und die internationale Gemeinschaft ausüben, "Schritte gegen diese Bedrohung" zu unternehmen. "Ohne eine Intervention der UNO können wir nichts machen, weil Somalia keine Zentralregierung hat", sagte der Chef des IMB-Meldezentrums. Das Auswärtige Amt teilte mit Blick auf den gekaperten deutschen Frachter mit, es bemühe sich um rasche Aufklärung. Nähere Einzelheiten konnte eine Sprecherin des Außenamts in Berlin zunächst nicht nennen.

Seit dem 20. Juli gerieten bereits sechs Handelsschiffe im Golf von Aden zwischen Somalia und dem Jemen in die Gewalt von Piraten. Am Dienstag hatten Piraten einen malaysischen Frachter mit 39 Besatzungsmitgliedern gekapert. (Web.de)

Freitag, 22. August 2008

Störtebekers Schädel gibt weiter Rätsel auf

Der Hamburger Archäologe Ralf Wiechmann ist mit einem Totenkopf im Gepäck bis nach Kanada gereist, um das Geheimnis des "Störtebeker-Schädels" zu lüften. Doch eine DNS-Analyse war auch mithilfe kanadischer Forensik-Experten nicht möglich. Das gut 600 Jahre alte Knochenmaterial sei nicht mehr zu entschlüsseln gewesen.

Die Erbinformationen sollten eigentlich mit denen von möglichen Nachkommen abgeglichen werden. In Norddeutschland leben nach Schätzung des Wissenschaftlers etwa 200 Menschen mit dem Namen Störtebeker. "Klar ist jetzt nur, dass wir das Rätsel nicht lösen können", sagt Wiechmann. Der geheimnisvolle Schädel und die Rekonstruktion des Piraten-Kopfes sind aber trotz der Ungewissheit über die Identität weiterhin die Attraktion des Museums für Hamburgische Geschichte.

Er sei nicht besonders traurig darüber, "dass die Frage, ob der Schädel tatsächlich dem Freibeuter Klaus Störtebeker zugeordnet werden kann, nicht beantwortet wurde", betont der Wissenschaftler. Die Exponate im Hamburg-Museum lebten von nicht gelösten Rätseln. Auf jeden Fall sei man bei den Forschungsarbeiten dem Leben und Treiben der Seeräuber im Mittelalter ein großes Stück näher gekommen. "Störtebeker ist eine Legende und wir wissen nicht einmal, ob er wirklich am Grasbrook im Hafen hingerichtet wurde". Aktenkundig sei nur, dass sein Weggefährte Gödeke Michels dort geköpft wurde. "Vielleicht gehört der Schädel ja auch zu ihm", meint Wiechmann.

Der aufgespießte Schädel und ein weiteres Exponat mit dem charakteristischen Nagel-Loch waren 1878 auf dem Grasbrook - zur Hansezeit eine öde Elbinsel und heute ein Teil der schicken HafenCity - gefunden worden. Vom 14. bis ins 18. Jahrhundert waren dort viele hundert Seeräuber geköpft. "Wir sind sicher, dass es sich bei dem Schädel um den Kopf eines Freibeuters handelt, eines etwa 30-jährigen Mannes, der einige Blessuren hatte, als er vor etwa 600 Jahren starb. Alles andere ist Spekulation", sagt Wiechmann. (Welt)

Donnerstag, 21. August 2008

Somalische Piraten schlagen erneut zu

Bewaffnete Piraten haben vor Somalia einen malaysischen Tanker in ihre Gewalt gebracht. An Bord des Schiffes befinden sich mehr als 20 Besatzungsmitglieder. Es ist bereits die vierte Entführung im Golf von Aden innerhalb eines Monats.

Das Internationale Meeresbüro(IMB) fing am Dienstagabend einen Notruf auf und alarmierte zwei westliche Marineschiffe, die in der Region patrouillieren. Ein Kriegsschiff sei entsandt worden, um den entführten Tanker abzufangen. Das malaysische Schiff steuere offenbar somalische Gewässer an, sagte ein Sprecher des IMB. Wahrscheinlich würden die Piraten Lösegeld für die Freilassung der Besatzung fordern. (NZZ)

Mittwoch, 20. August 2008

Dienstag, 19. August 2008

Piratenkunde 8 - Schifffahrtsrecht

Ein Angriff durch Piraten ist ein Seenotfall. Zur Alarmierung sind die in der Seefahrt üblichen Seenotsignale zu nutzen. Alle Schiffe, die von einem Notfall erfahren, sind, soweit sie sich nicht selbst in Gefahr bringen, zur Hilfeleistung verpflichtet. Zuständige offizielle Stellen sind, wie bei anderen Seenotfällen auch, die Maritime Rescue Coordination Centers, die den Einsatz der Rettungskräfte einschließlich Seestreitkräfte und Küstenwache koordinieren.

Zuständig für die Sicherheit auf See ist die International Maritime Organisation. Seit 2004 gelten im Rahmen des SOLAS-Übereinkommens die Sicherheitsvorschriften des International Ship and Port Facility Security Code (ISPS-Code), die für Schiffe der Berufsschifffahrt mit einer Bruttoraumzahl von 500 oder höher auch Maßnahmen zum Schutz vor Piraterie festlegen.