Montag, 22. September 2008

The Pirate's Dilemma

Man kann mit den traditionellen Medienkonzernen derzeit schon wirklich Mitleid bekommen. Aus vollen Rohren werden ihre Geschäftsmodelle attackiert, einstige Käufer bedienen sich illegal und mit vollen Händen im Internet und alle Versuche, dem juristisch oder technologisch irgendwie beizukommen, machen die Sache noch schlimmer. Aus langjährigen Fans werden plötzlich Feinde, der Kunde wird zum Gegner, den es zu bekämpfen gilt. Resultat sind weiter schrumpfende Umsätze und eine noch stärkere Durchsetzung neuer Mediengattungen.
Vielleicht ist bei all dem Chaos ein Blick in die Geschichte hilfreich. In diesem Sinne ist "The Pirate's Dilemma", das neue Buch des britischen Journalisten, DJs und Online-Aktivisten Matt Mason für "Old Media"-Manager auch als kleines Trostpflaster zu verstehen. Denn, so zeigt er in seinem Blick auf die Jugendkultur des Piratentums, all das, was heute beklagt wird, gab es schon einmal - nur eben nicht ganz so digital beschleunigt.

Mason zeigt nicht nur das altbekannte Beispiel auf, das aus der anfangs stark bekämpften Videokassette einer der größten Umsatzbringer für die Filmindustrie wurde, sondern erzählt auch die Entstehungsgeschichte Hollywoods. Die Kinomogule seien nämlich nur deshalb nach Kalifornien aufgebrochen, weil ihnen in New York hohe Lizenzgebühren für ihr Geschäft gedroht hätten. Also machten sich die "Piraten" auf an die goldene Westküste und wurden sehr, sehr reich, viel reicher als vorher.

Thomas Alva Edison, das Erfindergenie, kämpfte nach der Schaffung des Phonographen mit den Musikverlagen, die ihre Werke zuvor in Form von Notenbüchern an den Mann und die Frau gebracht hatten - heraus kam dabei letztlich die moderne Plattenindustrie. Und dann wären da noch die Pharmaunternehmen in der Dritten Welt, die mit Billigmedikamenten unter Bruch von Patenten dafür sorgen, dass mehr Menschen lebensrettende Medizin erhalten können. Auch das ist letztlich gelebtes Piratentum, das man, wenn man nicht gerade Pharmaangestellter ist, ja doch irgendwie verstehen kann.

Ergo: Mason argumentiert, dass die kreativsten Menschen der Welt eigentlich Piraten seien. Eine wirkliche Lösung, wie mit dem Zerfall bestehender Geschäftsmodelle umzugehen sei, kennt er allerdings auch nicht. Aber, und auch das ist wieder ein Trostpflasterchen, die kennt ja schließlich (noch) niemand. Man muss einfach abwarten und machen. Im Sinne von Mason erkennen das inzwischen selbst Produzenten und Kreative in Hollywood: Die luden ihn neulich zur Diskussion und Jesse Alexander, Produzent der Serie "Heroes", machte einen kleinen Film mit ihm. Ein anderes gutes Beispiel ist der "Buffy"-Erfinder Joss Whedon, der neulich einfach seinen eigenen Filmvertrieb nach Internet-Manier startete. (heise)

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