Donnerstag, 18. September 2008

Piratenfluch vor Somalia

Das Meer ist ruhig, nur ein Feuer knistert in der Stille. Ein brennendes Schiffswrack liegt im Wasser, der Mast ist durchgebrochen und schwimmt mit anderen Trümmerteilen um das Wrack herum. Vor langer Zeit war das eine Situation, die nur eine erdenkliche Antwort bot: Piraten. Heutzutage kennen die meisten Menschen diese Szene aus Filmen wie zuletzt „Fluch der Karibik“. Die Zuschauer lieben Kapitän Jack Sparrow, halten ihn und seine Crew aber für Relikte vergangener Zeiten. Das ist jedoch ein Irrtum, denn es gibt auch heute noch Piraten. Ihr Auftreten hat sich innerhalb der letzten Jahrhunderte zwar verändert aber sie sind gefährlicher denn je.

Gerade in jüngster Vergangenheit stieg die Bedrohung durch Piraten sowohl im Seegebiet um Somalia als auch in den Gewässern Indonesiens. Laut der US-amerikanischen „Research And Development – Corporation“ (RAND), haben die Angriffe zwischen den Jahren 2000 und 2006 um 70 Prozent zugenommen. Im Jahr 2006 wurden 2.500 Attacken gemeldet, wobei eine weit höhere Dunkelziffer vermutet werden muss.

Ziel der Piraten sind meist Kreuz- und Handelsschiffe sowie zunehmend kleinere Boote. Wie etwa die Anfang April 2008 entführte französische Luxusjacht „Le Ponant“: In der Einfahrt zum Roten Meer wurde der mit 30 Mann besetzte Dreimaster gekapert. Die Piraten ließen die Geiseln eine Woche später gegen ein Lösegeld des Schiffseigentümers frei und wurden kurz darauf von der französischen Marine gefasst.

Zur Wahrung des internationalen Friedens und der Sicherheit in der Region hat der UN-Sicherheitsrat am 2. Juni 2008 für die nächsten sechs Monate eine Resolution zur Bekämpfung der Piraterie erlassen. Diese sieht vor, dass alle Staaten Seeräuber vor der somalischen Küste mit Kriegsschiffen und Flugzeugen bekämpfen dürfen. Somalia ist zwar angesichts des eigenen Bürgerkrieges und fehlender Marine außerstande selbst einzugreifen, muss aber zur Wahrung seiner Souveränität über jegliche Interventionen unterrichtet werden.

Die deutsche Bundeswehr-Fregatte „Emden“ ist im Rahmen der „Operation Enduring Freedom“ zur Überwachung des internationalen Terrorismus im Golf von Aden eingesetzt. Obwohl sie die Piraten nach deutschem Recht ohne akute Gefahr nicht angreifen darf, konnte sie einen Angriff auf einen japanischen Öltanker mit Hilfe eines ausgesandten Hubschraubers vereiteln. Auf Initiative der großen Koalition von SPD und CDU soll nun das Bundeswehr-Mandat im Rahmen der „Operation Enduring Freedom“ um einen „Piraten-Passus“ erweitert werden. Die Amerikaner sind in dieser Hinsicht weniger zimperlich. Sie schossen im letzten Jahr ohne Vorwarnung auf ein Banditen-Schiff und setzten es in Brand.

Ganz wehrlos sind die Opfer der Piratenangriffe anscheinend nicht. Als Ende 2005 das Kreuzfahrtschiff „Seaborn Spirit“ vor dem Horn von Afrika beschossen wurde, antwortete die Besatzung mit der Schallkanone LRAS, die schmerzhafte Hörschäden verursacht. In einem Hafenbecken schützen vor allem Elektrozäune und vergitterte Fenster vor Überfällen, denn häufig klettern die Piraten an der Bordwand hoch. Meist handelt es sich hierbei um Fischer, die ihr Einkommen aufbessern wollen. Auf See angreifende Piraten zerstören zuerst die Antennen, sodass die Schiffe nicht mehr geortet werden können. Deshalb wurde jetzt das satellitengesteuertes Ortungssystem „Shiplog“ entwickelt, das sich leicht in einem unauffälligen Kasten verstecken lässt.

Die Maßnahmen sollen die moderne Piraterie eindämmen. Fraglich ist es jedoch, ob eine militärische Bekämpfung eine gute Lösung bietet, wenn nicht gleichzeitig nach den Ursachen geforscht wird. Jack Sparrow war Pirat aus Leidenschaft. Leidenschaft ist heute allerdings nur noch selten ein Grund dafür, sein Leben zu riskieren. (life-go)

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